Während der Regenzeit in Kambodscha hebt der Mekong seinen Wasserspiegel um mehrere Meter und zwingt so seinen Nebenfluss Tonle Sap, die Fließrichtung umzukehren und seine Wasser zurückzuschicken zu den Quellen. Diese Allegorie aus Christoph Ransmayrs Roman „Der Fallmeister“ lässt sich mit guten Gründen auf die rückwärtsgewandte Strategie des Partikularismus beziehen, mit der die Identitätspolitik Gerechtigkeit zu schaffen verspricht.
Nachdem in einem mühsamen historischen Prozess die europäische Kleinstaaterei aus Königreichen, Fürstentümern und Grafschaften überwunden wurde - zunächst mit dem Ziel der Bildung von Nationalstaaten, später dann mit dem des geeinten Europas - , etabliert Identitätspolitik ein neues Stammesdenken mit dem Ziel, die vermeintlichen Privilegien der einen Identitätskohorte zu schleifen und die vermeintliche Diskriminierung der anderen aufzuheben.
Damit aber kehrt sie heim in den ideologischen Kosmos des Marxismus, dessen Charme darin besteht, die Unübersichtlichkeit unserer Welt in Schwarz und Weiß aufzulösen: Hier die Guten, dort die Bösen; hüben Opfer, drüben Unterdrücker; allhier Moral, daselbst Gier. Und die Revolution kommt so gewiss wie das jüngste Gericht.
Wegen ihrer zahlreichen Selbstwidersprüche und Realitätskonflikte lässt sich diese Fiktion jedoch nur mit den Machttechniken des Marxismus aufrechterhalten, als da wären: Dogmatismus, Gesinnungs-kontrolle, Sprachregelung und Zensur. Damit aber hintertreibt Identitätspolitik sämtliche Grundsätze der Aufklärung und straft das eigene Gerechtigkeitsversprechen genauso Lügen wie ihr krachend gescheitertes Vorbild es tat.
Absicht meines Textes ist es, die genannten Selbstwidersprüche und Realitätskonflikte am Beispiel GRÜNER Politik herauszuarbeiten.
Erhältlich im Buchhandel, beim
Verlag und bei
mir.
(ca. 180 Seiten, 15,90 €, ISBN 978-3-8440-9103-8)
© Martin Elsbroek 2024